Interview mit dem neuen Wirtschaftsförderer der Stadt Göppingen
2025-08-04
HaiPress
Interview mit Richy Bauer,der seit dem 1. Juli 2025 der neue Wirtschaftsförderer der Stadt Göppingen ist. Unter Anderem möchte er unser neues KI-Projekt HIVE im Boehringer Areal mit entwickeln,welches gerade eine Förderungszusage von über 1 Mio. Euro durch den Verband Region Stuttgart erhalten hat.
Das Interview führte Anja Köhler,Redakteurin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Stabsbereich Kommunikation und Stadtmarketing der Stadt Göppingen
Köhler: Herr Bauer,nach Ihrer Zeit in Wendlingen am Neckar haben Sie nun die Position des
Wirtschaftsförderers in Göppingen übernommen. Was hat Sie an dieser neuen Herausforderung
besonders gereizt und welche ersten Eindrücke konnten Sie von Göppingen als Wirtschaftsstandort
gewinnen?
Bauer: Die Entscheidung,nach Göppingen zu wechseln,habe ich sehr bewusst getroffen. Besonders
gereizt hat mich die Kombination aus wirtschaftlicher Vielfalt,großem Entwicklungspotenzial und
einer strategischen Ausrichtung,die klar auf Zukunftsfähigkeit setzt. Göppingen vereint
Traditionsunternehmen wie TeamViewer,Schuler,Kleemann oder Märklin mit einer aktiven
Gründerszene und innovativen Ansätzen in der Stadtentwicklung. Meine ersten Eindrücke vom
Standort Göppingen sind durchweg positiv: Ich erlebe eine dynamische Stadt mit kurzen Wegen,
engagierten Menschen und echtem Gestaltungswillen. Ich bin sehr dankbar,dass ich in so jungen
Jahren – mit 32 Jahren – die Chance bekomme,eine so verantwortungsvolle Aufgabe in dieser
vielseitigen und schönen Kreisstadt zu übernehmen. Das ist für mich nicht selbstverständlich,und ich
freue mich sehr auf das,was wir hier gemeinsam mit dem Gemeinderat bewegen können.
Köhler: Göppingen ist eine Stadt mit einer vielfältigen Wirtschaftsstruktur,wie die Zahlen zu
Beschäftigung,Pendlerströmen und Gewerbeanmeldungen zeigen. Wo sehen Sie die größten
Potenziale und vielleicht auch die größten Herausforderungen für die Wirtschaftsförderung in
Göppingen?
Bauer: Göppingen hat eine sehr vielseitige Wirtschaftsstruktur – von international tätigen
Unternehmen über mittelständische Betriebe bis hin zu kreativen Einzelunternehmern und
innovativen Start-ups. Rund 6.000 Gewerbemeldungen zeigen,wie aktiv die lokale Wirtschaft ist. Was
Göppingen für mich besonders interessant macht,ist,dass hier vieles ganz konkret vor Ort gestaltet
werden kann. Ob beim Thema Baurecht,bei der Entwicklung von Gewerbeflächen oder beim
Breitbandausbau – da geht vieles direkt,zum Beispiel über die EVF. Das sorgt für kurze Wege,schnelle
Entscheidungen und echte Gestaltungsspielräume. Ich sehe viel Potenzial in der besseren Vernetzung
zwischen den Akteuren,in der Digitalisierung und in Projekten wie dem IGZ oder dem neuen HIVE,
wo Innovation und Unternehmergeist aktiv gefördert werden. Gleichzeitig gibt es – wie in vielen
Städten dieser Größenordnung – Herausforderungen: Fachkräfte zu sichern,Flächen klug
weiterzuentwickeln und den Wandel in Richtung Nachhaltigkeit gut zu begleiten.
Köhler: Die Stadt Göppingen weist eine hohe Zentralitätskennziffer im Einzelhandel auf. Welche
Bedeutung messen Sie dem lokalen Einzelhandel bei,und welche Strategien verfolgen Sie,um seine
Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit in der Innenstadt weiter zu stärken?
Bauer: Der Einzelhandel trägt wesentlich dazu bei,dass Stadtleben funktioniert – er schafft Orte der
Begegnung,des Wohlfühlens und der Identität. Gerade in der Innenstadt sorgt ein lebendiger
Einzelhandel dafür,dass sich Menschen gerne aufhalten und sich mit ihrer Stadt verbunden fühlen.
Um die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken,ist die Zusammenarbeit mit dem
Stadtmarketingverein Göppinger City zentral. Dort laufen viele Fäden zusammen – von Aktionen bis
zur Kommunikation. Wichtig ist auch,dass wir mit Frequenzzählungen belastbare Daten haben,um
gezielt Maßnahmen zur Belebung entwickeln zu können. Kampagnen wie „Echt jetzt?“ bzw.
„Meinzelhandel“ helfen dabei,das Bewusstsein für den lokalen Handel zu schärfen.
Zukunftsgestaltung und Standortentwicklung
Köhler: Die Weltwirtschaft ist im ständigen Wandel. Welche zukunftsgerichteten Branchen oder
Technologien sehen Sie als besonders relevant für Göppingen an,um den Standort langfristig
wettbewerbsfähig zu halten? Planen Sie hier spezifische Schwerpunkte?
Bauer: Es gibt keine „wichtigen“ oder „unwichtigen“ Firmen oder Branchen – jede trägt zur
wirtschaftlichen Prosperität einer Region bei. Aber um den Standort Göppingen langfristig
wettbewerbsfähig zu halten,müssen wir thematische Schwerpunkte setzen und zukunftsorientierte
Bereiche besonders fördern. Ein Schwerpunkt liegt im Bereich Digitalisierung und Industrie 4.0. Viele
Unternehmen hier,insbesondere im Maschinenbau und in der Automatisierungstechnik,sind schon
auf diesem Weg,aber wir können das Potenzial noch weiter ausschöpfen. Die Integration von
smarten Technologien,künstlicher Intelligenz und datengestützten Geschäftsmodellen bietet
enormes Potenzial für große Unternehmen,aber auch für den Mittelstand und Start-ups. Hier sei
nochmals das HIVE genannt – ein Innovations- und Gründerzentrum,das eine hervorragende
Möglichkeit bietet,Digitalisierung,kreative Industrien und Start-ups zu fördern und den Austausch zu
intensivieren. Ein weiteres Zukunftsfeld ist die Nachhaltigkeit. Wir sehen einen immer stärkeren Fokus
auf umweltfreundliche Technologien,erneuerbare Energien und nachhaltige Produktionsprozesse.
Hier können wir bereits bestehende industrielle Kompetenzen mit grünen Technologien verbinden,
etwa durch die Förderung von CO₂-neutralen Produktionsmethoden und umweltfreundlicher Logistik.
Das Technikum Laubholz spielt dabei eine wichtige Rolle: Es bietet Platz für Ausgründungen aus der
Wissenschaft,um nachhaltige Technologien zu testen und innovative Lösungen zu entwickeln. Ich
sehe auch großes Potenzial im Bereich Gesundheitswirtschaft und Medizintechnologie. Hier geht es
nicht nur um die lokale Versorgung,sondern auch um die Entwicklung und den Vertrieb neuer
Technologien,die im weltweiten Wettbewerb gefragt sind. Die Nähe zu medizinischen
Forschungseinrichtungen und Universitäten kann Göppingen dabei helfen,in diesem Bereich eine
Schlüsselrolle zu spielen. Wir setzen auf eine zielgerichtete Vernetzung der bestehenden und neuen
Akteure in diesen Bereichen – durch das HIVE und Kooperationen zwischen Wissenschaft und
Wirtschaft wie dem Technikum Laubholz. Dies wird uns helfen,den Standort Göppingen langfristig
auf die relevanten,zukunftsgerichteten Märkte auszurichten und für Unternehmen und Fachkräfte
attraktiv zu bleiben.
Köhler: Das produzierende Gewerbe und sonstige Dienstleistungen machen einen großen Anteil der
Beschäftigung in Göppingen aus. Wie möchten Sie die Unternehmen in diesen Sektoren unterstützen
und welche Rolle spielen dabei Themen wie Digitalisierung und Fachkräftesicherung?
Bauer: Das produzierende Gewerbe und die Dienstleistungsbranche sind das Rückgrat unserer lokalen
Wirtschaft – sie sichern Arbeitsplätze und bieten Ausbildungsplätze. Um diese Unternehmen
bestmöglich zu unterstützen,setzen wir auf enge Zusammenarbeit und passgenaue Angebote. Ein
zentrales Thema ist die Fachkräftesicherung. Hier arbeiten wir eng mit der Fachkräfteallianz im
Landkreis Göppingen zusammen,um Unternehmen zu vernetzen,Unterstützungsangebote bekannt
zu machen und gemeinsam Strategien zu entwickeln – von Ausbildungskampagnen über
Weiterbildung bis hin zur Fachkräftegewinnung aus dem Ausland. Wichtig sind auch moderne
Vermittlungsformate. Mit Angeboten wie dem JobFinder in Zusammenarbeit mit der Agentur für
Arbeit oder auch mit lokalen Jobmessen bringen wir Unternehmen und potenzielle Bewerber*innen
direkt zusammen – gerade auch für kleine und mittlere Betriebe ein wertvoller Kanal. Mir ist wichtig,
dass wir als Wirtschaftsförderung sichtbar und ansprechbar sind – nicht nur bei Neugründungen,
sondern gerade auch für die,die schon lange hier aktiv sind.
Köhler: Wie möchten Sie die verfügbaren Gewerbe- und Verkaufsflächen in Göppingen effizient
nutzen und entwickeln,um den Bedürfnissen von Bestandsunternehmen und Neuansiedlungen
gerecht zu werden?
Bauer: Die effiziente Nutzung und Weiterentwicklung von Gewerbe- und Verkaufsflächen ist ein
zentraler Baustein für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung. In Göppingen haben wir dabei
sowohl die Interessen unserer Bestandsunternehmen im Blick als auch die Anforderungen möglicher
Neuansiedlungen. Ich möchte die Stadt aktiv dabei unterstützen,vorhandene Flächenpotenziale
gezielt weiterzuentwickeln – gemeinsam mit der BPG,die hier eine sehr wichtige Rolle spielt.
Langfristig geht es darum,Flächen klug zu nutzen,vorausschauend zu planen und bestehende
Strukturen weiterzuentwickeln,z.B. durch Nachverdichtung,Umnutzung oder die Kombination
unterschiedlicher Nutzungsformen. Damit schaffen wir die Grundlage dafür,dass Göppingen als
Wirtschaftsstandort attraktiv und zukunftsfähig bleibt.
Gründerszene und Unternehmertum
Köhler: Sie haben bereits viel Erfahrung in der Unterstützung von Gründerinnen und Gründern
gesammelt. Welche konkreten Angebote und Anlaufstellen möchten Sie in Göppingen etablieren oder
weiter ausbauen,um die Gründerszene zu fördern und den Start für junge Unternehmen zu
erleichtern?
Bauer: Die Förderung von Gründerinnen und Gründern liegt mir sehr am Herzen. Ich finde,eine
lebendige Gründerszene ist ein echter Motor für Innovation,neue Arbeitsplätze und frische Impulse –
auch für bestehende Unternehmen. Hier vor Ort sehe ich viel Potenzial,bestehende Angebote noch
sichtbarer und greifbarer zu machen – etwa durch eine zentrale Anlaufstelle für Gründerinnen,durch
regelmäßige Netzwerktreffen oder Kooperationen mit Hochschulen. Auch das HIVE bietet ideale
Voraussetzungen,um die Gründerszene weiter auszubauen und in der Stadt zu verankern. Mir geht es
darum,bestehende Strukturen sinnvoll weiterzuentwickeln,Hürden abzubauen und dafür zu sorgen,
dass gute Ideen hier in Göppingen auch gute Startbedingungen haben.
Köhler: Die Vernetzung der Unternehmer-Community ist ein zentraler Teil der Wirtschaftsförderung.
Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit der IHK,lokalen Banken,Hochschulen und anderen
Akteuren im Göppinger Wirtschaftsökosystem vor,um Synergien zu schaffen und das Netzwerk zu
stärken?
Bauer: Vernetzung ist für mich ein zentraler Baustein erfolgreicher Wirtschaftsförderung. Denn viele
Themen – von Fachkräften über Innovation bis zur Unternehmensnachfolge – lassen sich nur
gemeinsam mit starken Partnern bewegen. Deshalb ist mir der regelmäßige Austausch mit IHK,HWK,
lokalen Banken,Hochschulen und anderen Akteuren im Göppinger Wirtschaftsökosystem besonders
wichtig. Ich freue mich,dass wir zum Beispiel im Herbst ein erstes „Come Together“ im Stauferpark
planen – ein lockeres Format,um Unternehmen unterschiedlichster Branchen und Größen
miteinander ins Gespräch zu bringen. Solche persönlichen Begegnungen sind oft der Ausgangspunkt
für neue Kooperationen oder Ideen. Mittelfristig ist auch eine übergreifende Plattform für den
Austausch angedacht. Ich glaube fest daran,dass eine gut vernetzte Wirtschaft nicht nur stabiler,
sondern auch innovativer und zukunftsfähiger ist – und genau das wollen wir in Göppingen weiter
fördern.
Persönliche Einblicke und Tipps
Köhler: Abseits der reinen Zahlen und Fakten: Was möchten Sie persönlich in Ihrer neuen Rolle in
Göppingen bewirken? Gibt es ein spezifisches Projekt oder eine Vision,die Ihnen besonders am
Herzen liegt?
Bauer: Mir ist es wichtig,nicht nur mit Zahlen zu arbeiten,sondern wirklich Verbindungen zu schaffen
– zwischen Menschen,Unternehmen,Ideen und Institutionen. Ich möchte dazu beitragen,dass sich
die Unternehmen in Göppingen wieder stärker vernetzen,voneinander profitieren und gemeinsam
neue Impulse setzen. Gerade in Zeiten des Wandels ist Zusammenarbeit oft der entscheidende
Erfolgsfaktor. Ein Projekt,das mir dabei besonders am Herzen liegt,ist das HIVE. Ich sehe darin eine
große Chance,einen Ort zu schaffen,an dem Gründer und Gründerinnen,Mittelstand und etablierte
Firmen auf Augenhöhe zusammenkommen – ein Raum für Austausch,Innovation und gemeinsames
Gestalten. HIVE soll keine klassische Bürofläche sein,sondern ein echter Kreativ- und
Wirtschaftsraum für Göppingen,offen für neue Ideen und neue Partnerschaften. Wenn wir es
schaffen,dieses Potenzial zu heben und den Geist der Zusammenarbeit in der Stadt spürbar zu
machen,dann ist schon viel erreicht. Daran möchte ich in meiner Rolle ganz konkret mitarbeiten.
Köhler: Welchen einen Ratschlag würden Sie jungen Menschen geben,die überlegen,in Göppingen
ein Unternehmen zu gründen oder hier ihre berufliche Zukunft aufzubauen?
Bauer: Mein wichtigster Ratschlag wäre: Geht frühzeitig auf uns zu! Wer in Göppingen gründen oder
beruflich durchstarten möchte,muss nicht alles allein stemmen. Wir können von Anfang an
unterstützen – sei es bei der Suche nach geeigneten Flächen,bei Fragen rund ums
Genehmigungsverfahren oder indem wir schnell die richtigen Ansprechpartner in der Verwaltung
oder bei IHK,HWK und anderen Partnern vermitteln. Je früher wir ins Gespräch kommen,desto
besser können wir helfen – unbürokratisch,praxisnah und mit einem guten Netzwerk im Rücken. Wir
freuen uns über jede und jeden,der hier etwas aufbauen möchte.
PM Stadtverwaltung Göppingen