Weltkatzentag am 8. August: Tierleid vermeiden und Wildkatzen schützen – BUND und Landestierschutzverband fordern flächendeckende Katzenschutzverordnungen in Baden-Württemberg
2025-08-07
HaiPress
Europäische Wildkatze im Land besonders durch unkastrierte Hauskatzen gefährdet
Sommerferien sind Hochsaison für ausgesetzte oder zurückgelassene Stubentiger
Landesweite Katzenschutzverordnung gegen Tierleid und für den Wildkatzenschutz
Die seltene Europäische Wildkatze hat ein Comeback in unsere Wälder geschafft. Gefährdet wird sie aber ausgerechnet durch ihre nächste Verwandte,die Hauskatze. Denn vor allem in Baden-Württemberg ist die Verpaarung mit Hauskatzen eine Bedrohung für den Erhalt der Wildkatze. Hier liegt der Anteil solcher Hybride,also Mischlingen von Haus- und Wildkatzen,an der noch kleinen Population von Wildkatzen regional bis zum Faktor 20 über dem deutschlandweiten Durchschnitt.
Dominic Hahn,Projektkoordinator „Wildkatzenwälder von morgen“ beim BUND Baden-Württemberg: „Nähere Untersuchungen,um die Gründe für den hohen Anteil von Hybriden in Baden-Württemberg zu ermitteln,laufen aktuell. Möglicherweise spielen die starke Zerschneidung der Lebensräume sowie die bis jetzt noch sehr kleine Wildkatzenpopulation eine Rolle. Auf eine Wildkatze kommen im Land rund 4.000 Hauskatzen,von denen leider immer noch viele nicht kastriert sind.“
Bei seinen regelmäßigen Monitorings konnte der BUND Baden-Württemberg neben echten Wildkatzen auch immer wieder Hybride im Land nachweisen – in diesem Jahr etwa im Raum Karlsruhe.
Dominic Hahn: „Wenn die Hybridisierung von Wild- und Hauskatze weiter fortschreitet,besteht die Gefahr,dass die Wildkatze als eigenständige Art verloren geht. Durch die Verpaarung gehen den Wildkatzen typische Anpassungen für das Leben als echtes Wildtier im Wald verloren – etwa ein dichtes Fell oder die Scheu vor Menschen.“
Kastrieren verhindert Tierleid und schützt Wildkatzen
Hauskatzen,die nach draußen dürfen,kastrieren zu lassen,ist deshalb wichtig für den Artenschutz. Aber auch Tierschützer*innen fordern seit langem eine Kastrationspflicht von Hauskatzen mit Zugang ins Freie.
Martina Klausmann,Biologin beim Landestierschutzverband BW: „Viele Tierheime im Land sind überfüllt. Zur Ferienzeit verschärft sich die Lage erfahrungsgemäß zusätzlich. Die Kastration von Hauskatzen mit Freigang sowie deren Kennzeichnung und Registrierung trägt dazu bei,Tierleid zu verhindern: Verloren gegangene Hauskatzen können dadurch schnell zu ihren Besitzer*innen zurückgebracht werden. Auch das verbotene Aussetzen oder Zurücklassen von Hauskatzen wird so erschwert.“
Denn die ausgesetzten oder zurückgelassenen Hauskatzen und deren Nachkommen sind häufig mangelernährt,krank und verletzt. Trotz hoher Sterberate der Jungtiere vermehren sich die scheuen Tiere weiter und der Kreislauf des Katzenleids beginnt von vorn.
Martina Klausmann: „Tierschutzvereine versuchen schon seit Jahrzehnten diesem Elend der freilebenden Katzen durch Kastrationsaktionen entgegenzuwirken. Solange aber unkastrierte und unregistrierte Hauskatzen weiterhin zur Vermehrung beitragen,bleibt dies ein Kampf gegen Windmühlen,der von den örtlichen Tierschutzvereinen allein nicht zu stemmen ist.“
Landesweite Katzenschutzverordnung und mehr wilde Lebensräume
BUND und Landestierschutzverband fordern deshalb auch mehr Katzenschutzverordnungen als ein sinnvolles Mittel für Arten- und Tierschutz. Nach Informationen des Landestierschutzverbands haben seit 2020 bereits 170 von insgesamt 1101 Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg eine eigene Katzenschutzverordnung erlassen. Freigängerkatzen müssen dort zukünftig kastriert,gekennzeichnet und registriert werden. Selbst wenn diese positive Entwicklung sich so fortsetzt,würde es allerdings noch Jahrzehnte bis zu einem flächendeckend einheitlichen Vorgehen dauern. Deshalb fordern Tier- und Naturschützer*innen die Einführung einer landesweit geltenden Pflicht zur Kennzeichnung,Registrierung und Kastration von Freigängerkatzen,wie sie etwa Schleswig-Holstein Anfang dieses Jahres beschlossen hat.
Um langfristigen Schutz zu gewährleisten,fordert der BUND zudem eine Ausweitung der Wildkatzenlebensräume. Das deutschlandweite genetische Monitoring der Wildkatze zeigt,dass in großflächigen wilden Waldgebieten bisher kaum Hybridisierung vorkommt. Sie bieten Wildkatzen die nötigen Rückzugsräume. Daher setzt sich der BUND im Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ dafür ein,artenreiche,vernetzte Lebensräume zu schaffen. Diese helfen nicht nur der Wildkatze,sondern auch anderen bedrohten Arten. Zudem sind strukturreiche Wälder mehr vor Stürmen und Austrocknung geschützt und puffern Klimaextreme besser ab.
Hintergrund:
Die Europäische Wildkatze ist laut Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt und gilt laut Roter Liste der gefährdeten Arten bundesweit als „gefährdet“. In Baden-Württemberg wurde die Wildkatze 1912 ausgerottet. Die ersten Nachweise gab es erst wieder im Jahr 2006. Unsere Hauskatzen stammen nicht von der Wildkatze ab,sondern von der Afrikanischen Falbkatze und kamen mit den Römern nach Mitteleuropa. Hybride aus Haus- und Wildkatze weisen veränderte genetische Merkmale auf und die ursprünglichen Anpassungen an den Lebensraum der Wildkatze können verloren gehen. Ein neues Projekt der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg soll ab Herbst 2025 die Ursachen der erhöhten Hybridisierungsrate in Baden-Württemberg untersuchen.
Das sechsjährige Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt,Klimaschutz,Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Das Projekt setzen der BUND-Bundesverband,die BUNDjugend und die BUND-Landesverbände Baden-Württemberg,Bayern,Brandenburg,Hessen,Niedersachsen,Nordrhein-Westfalen,Saarland,Sachsen,Sachsen-Anhalt und Thüringen um.
Mehr Informationen:
BUND-Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“
Katzenschutzreport des Landestierschutzverbands
Mit dem BUND Wildkatzenwälder von morgen schaffen
PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),Landesverband Baden-Württemberg e.V.,